Erneuerbare Energien: Wie kannst du deinen Beitrag beim Bauprozess leisten? Erfahrungen aus Unterfranken

Martina zeigt uns gerade ihre Steuerung der PV-Anlage, während ihr Mann Simon neben ihr im Heizungskeller steht. (Foto: Franziska Harrer)

Begleite Martina und Simon durch den Bauprozess eines umweltfreundlichen Eigenheims in Unterfranken. Erlebe, wie sie von Anfang an die Segel für erneuerbare Energien gesetzt haben und welche Entscheidungen sie für die Energiewende getroffen haben. Finde Klarheit in der Welt der Photovoltaikanlagen, Wärmepumpen und weiteren erneuerbaren Energiequellen. Erhalte einen Überblick über den Bauprozess, die gesetzlichen Richtlinien und den zeitlichen Ablauf der Entscheidungen von Bauherr:innen, Architekt:in, Energieberater:in bis hin zu Dachdecker:in bezüglich erneuerbarer Energien in Deutschland.

“Dann gibt’s eben Pommes an Sonnentagen,” erklärt Bauherrin Martina mit einem Schmunzeln. Dank der überschüssigen Energie der PV-Anlage nutzt sie Geräte wie den Backofen bei schönem Wetter, um die volle Kraft der erneuerbaren Energien ihres neuen Zuhauses auszunutzen. Gemeinsam mit ihrem Mann Simon hat sie seit 2020 ein energieeffizientes Einfamilienhaus errichtet, das nun stolz seine Pforten öffnet.

Die Entscheidung für erneuerbare Energien im Bauprozess

Wir befinden uns in einer kleinen Stichstraße in Unterfranken vor dem gelben Effizienzhaus von Martina und Simon. Bevor sie mich herumführen, setzen wir uns in ihr lichtdurchflutetes Wohnzimmer.

“Gerade dadurch, dass wir zwei kleine Kinder haben und möchten, dass sie möglichst unbeschadet vom Klimawandel ihr Leben leben können, haben wir uns sehr intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt”, unterstreicht Martina ihre Entscheidung, “Uns war es wichtig, unseren Beitrag bei der Energiewende zu leisten und nachhaltig regenerative Energien nutzen zu können.” Gesagt, getan.

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Martina und Simon stehen glücklich vor ihrem gelben KfW 55 Effizienzhaus. Seit dem Sommer 2022 leben sie hier mit ihren zwei Kindern, die Leben in den Neubau bringen. (Foto: Franziska Harrer)

Bereits vom ersten Tag an wurden sie von Simons Vater Erhard, der als ihr beratender Architekt fungierte, beim Bauprojekt tatkräftig unterstützt. Nach der Erstellung des ersten Entwurfes 2020 nahmen sie sich die Zeit, um gemeinsam mit Erhard ihren Architekten und Energieberater Holger Platzöder zu finden, der gleich beide Qualifikationen vereint. 

Die Zusammenarbeit mit Architekt und Energieberater gewährleistete eine ganzheitliche Herangehensweise und ermöglichte es Martina und Simon, ihre Vision eines energieeffizienten Hauses Schritt für Schritt umzusetzen. Den fertigen Neubau schauen wir uns jetzt an und gehen vor die Tür.

Was kann ich als Bauherr:in zum Thema erneuerbare Energien beitragen?

“Mit dem Tesla zur Baustelle fahren”, scherzt Simon, der neben seinem weißen Elektrowagen steht. “Nein, also wir haben uns sehr viel informiert, welche Möglichkeiten bei uns umsetzbar sind.” Dabei spielt auch die finanzielle Komponente eine Rolle, da alternative Lösungen manchmal teurer erscheinen können, jedoch langfristig nachhaltiger sind als beispielsweise eine konventionelle Gasheizung. Bei den Bauherr:innen liegt die Buying Power und sie entscheiden, inwiefern sie in erneuerbare Energien investieren möchten. Für Martina und Simon war klar, dass sie den ökologischen Mehrwert priorisieren und so aktiv zur Energiewende beitragen möchten.

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Bauherrin Martina zeigt mir die Anzeigen ihrer Wärmepumpe in ihrem Heizungskeller. (Foto: Franziska Harrer)

“Erneuerbare Energien rentieren sich aber nicht besonders, wenn man sonst nicht auf Nachhaltigkeit achtet. Deshalb haben wir versucht, es auf den gesamten Bauprozess zu erweitern", erzählt Martina. Dazu ergänzt Simon: “Deshalb haben wir ein KfW 55 Haus und kommen an ein KfW 40 Haus schon sehr nah ran. KfW steht für Kreditanstalt für Wiederaufbau und die Zahl dahinter, wie viel Prozent der Energie eines Neubaus das Haus wirklich benötigt”, erzählt Simon, “Da sind wir die Extra-Meile gegangen. Nachhaltig heißt ja auch, wenn man neue Fenster hat. Beispielsweise haben wir dreifach verglaste Fenster in Richtung Süden. So können wir Sonnenlicht tagsüber aufnehmen und die Wärme bleibt durch die Dämmung im Haus. Somit müssen wir in der Übergangszeit kaum heizen.” 

Außerdem hat die Familie versucht, möglichst regional ihre Rohstoffe zu erhalten. Martina sagt schelmisch: “Unser Parkett spricht fränkisch.” Denn ihr Eichenparkett kommt aus der Region Steigerwald, um nur ein Beispiel ihres nachhaltigen Gesamtkonzepts zu nennen.

Wie kann ich mein Wissen im Bereich regenerative Energien als Architekt:in einbringen?

Bei diesem Bauvorhaben ist der Architekt Harald Platzöder zuständig und wird von Erhard und Vater des Bauherrn Simons unterstützt. Erhard erklärt, dass die Zuständigkeit eines Architekten per Definition das “Entstehenlassen eines mangelfreien Bauwerks” ist. Er schuldet den Erfolg, dass am Ende ein Gebäude entsteht und dem Zielkatalog entspricht. Dafür muss der bzw. die Architekt:in soweit ausgebildet sein, dass er bzw. sie die Wünsche der Bauherr:innen im Punkto erneuerbare Energien und Energieeinsparung erkennt. Diese darf er bzw. sie in Zahlen, Daten und Fakten übersetzen und ans Fachpersonal weitergeben, also dem bzw. der Energieberater:in und am Ende in die Gesamtplanung integrieren. 

Eine häufige Kombination besteht dabei aus einer Photovoltaikanlage in Verbindung mit einer Wärmepumpe wie bei Simon und Martina. Die Nutzung von Eigenstrom ist entscheidend, um die Wirtschaftlichkeit der Wärmepumpe zu gewährleisten. Als Architekt kannst du  also nicht umhin, erneuerbare Energiesysteme wie PV-Anlagen und Wärmepumpen in Betracht zu ziehen, um sowohl den ökologischen als auch den wirtschaftlichen Erfolg des Bauvorhabens zu gewährleisten.

Wann kann ich mich als Energieberater:in für erneuerbare Energien einsetzen?

“So früh wie möglich”, betont Harald Platzöder, “Spätestens dann, bevor die Anträge an die Handwerker:innen rausgehen. Von den Förderrichtlinien ist das der letzte Zeitpunkt.” Die Förderanträge wie des individuellen Sanierungsfahrplans  (ISFP) oder des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) können übrigens nur gemeinsam mit einem bzw. einer Energieberater:in gestellt werden. Erst wenn die Förderungen bewilligt sind, dürfen Handwerker:innen beauftragt werden. Angebote können natürlich parallel schon einmal eingeholt werden. Zudem geht es in dieser Phase um entscheidende Aspekte wie Außenwandstärken und die Positionierung der Fenster, die für die Berechnung der Sonneneinstrahlung von Bedeutung sind.  

Während der Ausschreibungsphase, wenn der Architekt die Anfragen an die Handwerker:innen raus schickt und die Werkplanung macht, arbeiten Architekt:in und Energieberater:in zusammen. Der oder die Energieberater:in liefert dem oder der Architekt:in alles Relevante, was der oder die Architekt:in für seine Planung wissen muss. Der Mehrwert für die Bauherr:innen ist dabei, dass durch die enge Zusammenarbeit die energetischen Wünsche des Projekts erfüllt werden und gleichzeitig realisierbare Lösungen gefunden werden.

Welche Regelungen und Gesetze für erneuerbare Energien müssen eingehalten werden?

Während wir uns vor dem Haus mit Harald Platzöder befinden, tauchen wir in eine bedeutende Thematik ein: die Regelungen und Gesetze rund um erneuerbare Energien. Gemeinsam erörtern wir, was bei einem klimafreundlichen Hausbau zu beachten ist. Ein Gesetz ist das Gebäudeenergiegesetz (GEG), in dem alle relevanten Vorgaben gebündelt sind. Es regelt die energetischen Anforderungen an Gebäude und beinhaltet auch Vorgaben zur Nutzung erneuerbarer Energien. 

Zudem gibt es eine bedeutende neue Vorgabe, die die Nutzung erneuerbarer Energien bei neu eingebauten Heizungen betrifft. Ab voraussichtlich 2028 müssen diese mindestens 65 Prozent erneuerbare Energien nutzen. “Wenn man z.B. noch eine Gasheizung hätte, dann müsste man dazu vielleicht eine PV-Anlage, eine thermische Solaranlage oder eine kleine Wärmepumpe installieren, um in Summe diese 65% regenerative Energien Regelung zu erfüllen”, erklärt Harald Platzöder. Der Einbau einer Erdwärmepumpe ist die aktuell populärste Heizungsvariante , die die Rahmenbedingungen einer 65 erneuerbaren Energien Heizung erfüllt.

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Während Energieberater Harald Platzöder auf den Verteiler und Revisionsschacht zeigt, berichtet er vom Bau der Wärmepumpe mit den zwei Tiefenbohrungen. (Foto: Franziska Harrer)

Die Bundesregierung plant damit, dass ab 2028 bei der Installation einer neuen Heizung keine nicht regenerativen Energien mehr verwendet werden dürfen. "Zuvor müssen jedoch die Kommunen erstmal ihre Energienetzkonzept, also ihre Wärmenetzversorgung bis 2028 auf die Reihe bekommen. Und erst dann wird das Verbot der Gasheizungen in Kraft treten. Das ist jetzt gerade in der Beschlussphase”, erzählt Platzöder. Da sich das aktuell oft ändert, empfehlen wir dir dich regelmäßig beim Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) upzudaten.

Darüber hinaus gibt es bereits in verschiedenen Bundesländern die Solardachpflicht für Neubauten sowie Dachsanierungen, die besagt, dass eine Photovoltaikanlage auf dem Dach installiert werden muss. Passend dazu kreieren wir gerade eine Serie zur Förderung in den Bundesländern, wo wir jeweils einen Artikel einem Bundesland widmen. Die Solardachpflicht ist eine Maßnahme, die bereits in einzelnen Bundesländern umgesetzt wurde und bundesweit kommen wird, um die Nutzung erneuerbarer Energien weiter zu fördern.

Wie kann ich mich als Dachhandwerksbetrieb für erneuerbare Energien engagieren?

“Obwohl Dachdecker:innen in erster Linie mit der Dacheindeckung zu tun haben, können sie dennoch einen Beitrag zur Energieeffizienz leisten, insbesondere wenn sie auch Tätigkeiten im Bereich der Zimmerei übernehmen”, erklärt Platzöder. In diesem Fall können sie beispielsweise bei der Dämmung des Daches aktiv werden, wobei besonders auf die Vermeidung von Wärmebrücken geachtet werden sollte. Wärmebrücken sind Stellen, an denen Wärme von innen nach außen verloren geht und somit die Effizienz des gesamten Konstrukts beeinträchtigt.

Ergänzend dazu können sich Dachdecker:innen wie der Dachdecker-Familienbetrieb Stapelfeldt aus Alling bei München auch auf die Installation von Solardachziegeln  spezialisieren und weiterbilden, um zur Energieerzeugung beizutragen. Dafür gibt es Dachdecker:innen Solardach Schulungen der Autarq Akademie, zum Beispiel im hessischen Dietzenbach.

Welche erneuerbaren Energien habt ihr genutzt?

Simon und Martina nutzen verschiedene erneuerbare Energien wie Solar, Wasser und Luft in ihrem Haus. 

Sie haben eine Photovoltaikanlage mit einer Nennleistung von 9,9 kWp installiert, die ihnen tagsüber Strom liefert und überschüssige Energie einspeist. “Wir haben zehn Module Richtung Nordosten und 20 Module Richtung Südwesten. Wenn wir jetzt Überschuss bei unserer PV Anlage haben, dann verkaufen wir einerseits den Strom und andererseits heizen wir auch den Warmwasserspeicher bei uns. Den nutzen wir dann, um die Solarenergie tagsüber abzuspeichern und das können wir dann manchmal bis in den Morgen hinein für das Duschen verwenden”, freut sich Simon.

Ihr Heizungssystem besteht aus einer Sole-Wasser-Wärmepumpe mit Tiefenbohrung mit zwei mal 85 Metern. Im Sommer können sie auch dadurch passiv kühlen. “Das kostet fast keinen Strom und dann wird das kalte Wasser durch die Fußbodenheizung gejagt und passiv das Haus gekühlt”, ergänzt Martina.

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Bauherrenvater und beratender Architekt Erhard (links) und Energieberater Harald Platzöder (rechts) fachsimpeln über die Ansaug- und Ausblaskanäle bzw. die “Rüssel” der Wohraumlüftungsanlange. (Foto: Franziska Harrer)

Zudem haben sie eine zentrale Wohnraumlüftungsanlage mit  Wärmerückgewinnung, d.h. es wird Frischluft von außen angesaugt und in alle Räume verteilt. Von der Luft, die danach nach außen geht, wird die Energie vorher weggenommen und wiederverwendet für die Luft, die von außen angezogen wird. Diese Maßnahmen helfen ihnen, Energie zu sparen und das Haus nachhaltig zu betreiben.

Habt ihr Förderungen für den Einsatz erneuerbarer Energien bekommen?

Simon und Martina haben für ihr Bauvorhaben Förderungen in Anspruch genommen. Simon berichtet: “Wir haben 2021eine KfW Förderung von 18.000 € für ein KfW 55-Haus bekommen. Die haben wir gemeinsam mit dem Energieberater Platzöder beantragt. Außerdem haben wir eine BAFA-Förderung von 17.000 € für die Wärmepumpe und die Tiefenbohrung erhalten..” 

Obwohl ihr Effizienzhaus EE (Erneuerbare Energien) den KfW 55-Standard übertrifft und eher einem Effizienzhaus NH (Nachhaltigkeit) KfW 40-Standard entspricht, konnten sie dennoch von der Förderung erneuerbarer Energien profitieren. Mittlerweile ist das jedoch nicht mehr möglich, da sich die Vorschriften verschärft haben. Nun ist KfW 40 der neue Standard, also das Effizienzhaus NH förderbar. 

Diese Förderungen werden von der Bundesregierung bereitgestellt, um den Ausbau erneuerbarer Energien im Gebäudebestand zu fördern und Anreize für die Nutzung nachhaltiger Technologien zu schaffen. Welche Photovoltaik-Förderungen es gibt, haben wir für dich in diesem Artikel zusammengefasst.

Was hättet ihr gerne im Nachhinein besser gemacht?

Rückblickend auf die Umsetzung erneuerbarer Energien haben Martina und Simon einige Verbesserungspotenziale und Lehren aus ihrer Erfahrung identifiziert. 

Ein Aspekt, den sie im Nachhinein gerne verbessert hätten, ist die Möglichkeit, CO-neutral hergestellte Ziegelsteine zu verwenden oder ein Holz-Lehm-Haus zu bauen. 

Ein weiteres Verbesserungspotenzial liegt in der Solaranlage auf dem Dach. Obwohl ihr Budget den Einbau von 30 Modulen ermöglichte, hätten sie tatsächlich noch Platz für 10 weitere Module gehabt. Hier wären auch Solardachziegel von Autarq eine gute Alternative gewesen. Jedoch wurde dieses Konzept aufgrund anderer Prioritäten und der hektischen Bauphase übersehen. Rückblickend erkennen sie, dass es sinnvoller gewesen wäre, dies bereits in der frühen Planungsphase zu berücksichtigen, anstatt es zu einem späteren Zeitpunkt nachzurüsten.

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Bauherr Simon demonstriert, wie er sein E-Auto Zuhause laden kann. An diesem Platz wird zukünftig noch ein Carport mit einer Tesla Powerwall installiert. (Foto: Franziska Harrer)

Trotz dieser Erkenntnisse leben Martina und Simon erneuerbare Energien aktiv. Sie planen beispielsweise, eine Tesla Powerwall in ihrem Carport zu installieren, um das E-Auto Zuhause laden zu können. Martina erklärt: “Dann funktioniert der Tesla im Prinzip wie ein externer Stromspeicher. Den werden wir dann über die Powerwall laden, wenn wir Stromüberschuss produzieren und den eben als Akku nutzen.”

Insgesamt zeigt dieses Bauprojekt, dass erneuerbare Energien Deutschland kein abstraktes Thema mehr sind, sondern von Martina und Simon in ihrem Alltag gelebt und weiterentwickelt werden. Sie sind sich bewusst, dass es immer Raum für Verbesserungen gibt und dass die Integration nachhaltiger Lösungen von Anfang an in den Planungsprozess einbezogen werden sollte.

Vielen Dank für eure Zeit und noch wunderbare Sonnentage voller Pommes.

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