Elektroauto mit dem eigenen Solarstrom laden: Ist das sinnvoll und wie funktioniert es?


Elektroauto zuhause mit Solarstrom laden? Kein Problem, wie ein Experte erklärt. (Bild: Zaptec via Unsplash)
Das Elektroauto mit dem Solarstrom vom eigenen Dach laden – lohnt sich das? Bis vor einiger Zeit waren viele Expert:innen noch skeptisch. So auch Thorsten Zoerner, Geschäftsführer der Stromdao GmbH, die Kund:innen in Sachen Energiemanagement, Energieinfrastruktur und Nachhaltigkeitsstrategien berät. Doch er hat seine Meinung mittlerweile geändert.
Über 840.000 Elektroautos gibt es aktuell in Deutschland – Tendenz deutlich steigend. Die wollen alle geladen werden. Ist es sinnvoll, dafür die eigene Photovoltaikanlage (PV-Anlage) zu nutzen? Thorsten Zoerner findet: ja – und hat noch weitere Ideen, wie man Solarstrom für E-Mobilität nutzen kann.
Thorsten Zoerner
Der Informatiker, Experte für Computerlinguistik, Programmierer und Pilot (“Fliegen ermöglicht einen externen Blick auf die Welt”) arbeitet seit 2007 im Bereich Strommarktdesign, Stromversorgung und erneuerbaren Energien. 8 Bücher hat er veröffentlicht, darunter „Die Kaltreserve“, „Schwarzstart“ oder „In 30 Stunden schalte ich das Licht ein“. Sein Hybrid-Strommarktdesign wurde Teil des „Strommarkt 2.0“ Gesetzespakets. Sein Wohnhaus hat er mit Photovoltaik, Stromspeicher und Ladeinfrastruktur zum intelligenten Autarkie-Gebäude transformiert. 2017 gründete er die Stromdao GmbH, den ersten Ökostromversorger, der seine Kunden bundesweit mit regionalem Ökostrom versorgt.
Elektroauto mit Solarstrom laden: Was hat sich in einem Jahr verändert?
Die physikalischen und technischen Mängel sind zwar immer noch gegeben: Wenn meine Anlage beispielsweise 10 kWh erzeugt, bekomme ich bei 20 Prozent Blindleistung nur noch 8 kWh bis zur Batterie. Diese hat auch einen Wirkungsgrad. Das heißt, das, was ich real in Fahrtenergie umwandle, sind dann vielleicht nur noch 7 kWh. Es entsteht also eine hohe Verlustgröße, die umso größer wird, je weniger Ladeleistung ich zur Verfügung habe, was bei kleineren Photovoltaik-Anlagen häufiger der Fall ist. Dass ich mit einer 10 kWp-Anlage keine 10 kWh in meine Autobatterie laden kann, ist also immer noch der Fall. Ebenso natürlich der Hinweis, dass es für Elektroauto-Akkus nicht sonderlich förderlich ist, sie mit zu wenig Leistung zu laden, weil die Zellchemie das gar nicht verträgt.
Was sich innerhalb eines Jahres verändert hat, ist eine Vervielfachung des Energiepreises. Vor einem Jahr bin ich von den damals üblichen Zahlen ausgegangen: Wenn ich eine Stunde Strom aus dem Netz bezogen habe, waren das damals 24 Cent, und wenn ich eine Kilowattstunde Strom eingespeist habe, habe ich 12 Cent bekommen. Heute sehen die Zahlen anders aus. Wir bekommen immer noch 12 Cent – bei einer neuen Anlage sind es um die 14 Cent, auch da ist der Unterschied also noch nicht so hoch. Aber ich bezahle, wenn ich den Strom aus dem öffentlichen Netz beziehe, heute vielleicht 70 Cent.
Deswegen ist der Stromverlust dann eigentlich egal – Hauptsache, ich beziehe keinen Netzstrom. Bei einer solchen Wirtschaftlichkeitsrechnung wird es dann doch spannend, sein Elektroauto durch Solarstrom zu laden. Das ist kein Problem mehr.
Lohnt es sich jetzt aus wirtschaftlicher Sicht, das E-Auto mit Solarstrom zu laden?
Ja. Doch die Welt hat sich auch beim Thema Nachhaltigkeit weiter gedreht. Darauf wird bei der Stromerzeugung mehr geschaut. Wir wollen möglichst wenig Strom aus Kohle und am besten gar keinen aus Gas beziehen. Das heißt, wir wollen die Spitzenlasten vermeiden, denn die verursachen extrem hohe Strompreise. Da reden wir von über einem Euro pro kWh.
Der Bedarf an einer intelligenten Ladesteuerung wird immer größer. In diesem Zusammenhang spielt natürlich die eigene PV-Anlage eine große Rolle, denn damit bekommt man mehr Kontrolle über den eigenen Strom. Und natürlich ist auch ein Autospeicher in Form einer Elektroauto-Batterie ein Speicher, mit dem man seinen Verbrauch zeitlich verlagern kann. Auf gesamtwirtschaftlicher Ebene hilft das, die Aktivierung von Gaskraftwerken zu vermeiden. Aus heutiger Sicht macht das also extrem viel Sinn.

Thorsten Zoerner ist Geschäftsführer und CTO der Stromdao GmbH und damit Experte in Sachen Solarstrom. (Bild: Stromdao)
Ist ein Solarstromspeicher für das Laden des Elektroautos sinnvoll?
Nein, auf keinen Fall. Zweimal zu speichern bringt nur Verluste mit sich. Ein Speicher gibt nie komplett wieder heraus, was Sie eingespeichert haben – das ist physikalisch durch den Wärmeverlust einfach nicht möglich. Wer seinen Solarstrom also erst in den Heimspeicher speist, um ihn von dort aus in die Elektroauto-Batterie zu laden, verzeichnet zweimal Speicherverluste.
Ist ein Heimspeicher sinnvoll, um den nächtlichen Verlust auszugleichen?
Nein, für derartige Planungen würde ich ihn nicht nutzen. Ein Heimspeicher darf zwischendurch unterstützen - zum Beispiel bei einem schnellen Wechsel von Laden zu Nicht-Laden. Auch das macht den Akku auf Dauer kaputt. Aber tagsüber den Heimspeicher aufzuladen, um nachts mein Auto zu laden, ist suboptimal.
Welche technischen Voraussetzungen sind nötig, um das E-Auto über Solarstrom zu laden?
Die Möglichkeit, eine Erzeugungsanlage, sprich eine PV-Anlage, zu installieren. Mehr muss eigentlich nicht sein.
Welche Größe muss eine PV-Anlage aufweisen, um das E-Auto laden zu können?
Die Größe ist egal, solange ich mich nicht auf den Solarstrom beschränke. Mit modernen Energiemanagementsystemen ist das kein Problem. Leistet die PV-Anlage nicht genug, wenn das Auto schnell geladen werden muss, werde ich natürlich Strom aus dem Netz benötigen.
Wichtig ist es also, nicht aus dem niedrigsten Bereich des Auto-Akkus zu laden, sondern von einer soliden Grundleistung aus – wo die liegt, hängt vom Auto ab – und auch nicht zu schnell laden zu wollen. Dann reicht auch eine Leistung, wie eine einfache Wallbox mit 11 kW sie bietet. Wer darauf achtet, kann den Netzstrom minimieren und den Solarstrom vom Dach optimal nutzen. Auch das Blindleistungs-Problem hat man damit nicht mehr. Eine gewisse Blindleistung ist zwar immer vorhanden, aber die kann man dann vernachlässigen.
Warum eine Wallbox zum Laden des Elektroautos zuhause?
Um das Elektroauto zuhause zu laden, hängen viele es nach wie vor an die Steckdose. Der ADAC rät davon ab, denn haushaltsübliche Steckdosen sind nicht für langes Laden mit hoher Leistung, wie ein Elektroauto es braucht, ausgelegt. Steckdosen oder Stromkabel können überhitzen, was im schlimmsten Fall zu einem Kabelbrand führt. Wallboxen bieten komfortables und sicheres Laden mit höheren Ladeleistungen. Statt der 230 Volt, die deutsche Steckdosen liefern, sind bis zu 22 kW möglich.
An welchen Orten sollte man über die Ladung von Elektroautos nachdenken?
Idealer ist es, zu fragen: Wo stehen denn unsere Autos tagsüber? Dort muss man ansetzen. Also bei Arbeitgebern, Bürogebäuden, etc. Dort sehe ich PV-Anlagen noch seltener als auf Privathäusern. Wer als Privatperson nicht gerade das schlimmste Dach der Welt und die Möglichkeiten dazu hat, installiert heute idealerweise eine PV-Anlage.
Aber bei den Industriegebäuden ist das eben nicht der Fall. Obwohl es dort die Möglichkeit gäbe, Stromverbräuche über die Produktionsplanung viel mehr zu steuern. Mit PV-Anlagen könnte man einen höheren Deckungsbeitrag generieren. Bei Arbeitgeber:innen stehen die Fahrzeuge tatsächlich die ganze Zeit herum, und zwar zu der Zeit, in der sie potenziell geladen werden können. Warum also nicht die E-Flotte der Mitarbeitenden oder den Dienstwagen laden?
Hinkt die Industrie beim Thema E-Auto und Solarstrom noch hinterher?
Auch die Eigentümer:innen der gewerblichen Immobilien. Wer heute so ein Gebäude vermieten will, muss seinen CO2-Fußabdruck angeben. Den kriegt man mit einer PV-Anlage rasch herunter. Immer mehr Unternehmen sind zudem zum Nachhaltigkeitsreporting verpflichtet – auch da wird Solarstrom vom eigenen Dach wirtschaftlich plötzlich interessant, nicht zuletzt für die E-Mobilität.
Was muss sich aus Sicht der Autohersteller ändern?
Von Herstellerseite wird die E-Mobilität immer noch so gedacht, dass man mit einem Auto zur Tankstelle fährt und tankt. Das ist aber generell falsch. In ein E-Auto steigt man immer mit einem vollen Tank ein, wenn man es richtig macht. Das Laden sollte nebenbei geschehen: Ich komme nach Hause – oder zur Arbeit – und stecke mein Auto an – Punkt. Um den Rest muss ich mich aktiv nicht mehr kümmern. Auf dem optimierten Laden, unabhängig davon, wie voll oder leer der Akku gerade ist, sollte der Fokus liegen. Stattdessen wird immer noch nach Reichweite-Rekorden gejagt. Das muss von Herstellerseite in der gesamten Kommunikation über E-Mobilität umgedacht werden.
Elektroauto-Fahrer:innen denken spätestens nach einem halben Jahr nicht mehr über Reichweiten nach. Was spielt das für eine Rolle, wenn das Auto nur 30 Kilometer am Tag fährt? Für die wenigen längeren Fahrten im Jahr muss dann eben vorausgeplant werden. Dann ist auch schnelles Laden wieder wichtig.

Elektroauto laden – das sollte automatisch geschehen, doch Hersteller sind immer noch im „Tank-Modus" (Bild: ambiCHARGE)
Was muss sich bei den Solaranlagen aus Herstellersicht ändern?
Ich hatte mal ein Windkraftanlagen-Projekt, bei dem ich für die Planung einer Systemintegration verantwortlich war. Das ging ganz simpel. Bei PV-Anlagen geht es dann los: Woher hole ich mir die Wallbox, woher die Solarpanele, welcher Wechselrichter ist ideal? Als Kund:in will ich aber kein:e Expert:in bei dem Thema sein, sondern eine Anlage kaufen, die quasi schlüsselfertig ist.
Diese soll auch auf Veränderungen gefasst sein. Vor fünf Jahren war es das Thema Wärmepumpe, das integriert werden musste, heute ist es die E-Mobilität, und morgen gibt es etwas anderes, das den Sektor Strom verändern wird – vielleicht brauchen wir bald alle Klimaanlagen. Hierfür muss es offene Standards geben, damit solche Faktoren smart integriert werden können.
Stichwort optimiertes Laden für Elektroautos: Wie funktioniert das?
Auch hier gibt es eine ungenutzte Chance, die eines Umdenkens bedarf. In dem Moment, in dem ich mein Elektroauto an die Ladung hänge, habe ich einen Wissensvorsprung der Ladestation gegenüber. Ein Beispiel: Wenn ich bei der Arbeit bin, weiß ich, dass ich das Auto frühestens nach acht Stunden wieder abholen kann. Die Ladesäule weiß das nicht und bekommt diese Information auch nicht. Also macht sie das, was sie immer tut, nämlich möglichst schnell das Auto vollladen. Wenn ich meiner Wallbox hingegen mitteilen kann, dass ich erst in acht Stunden ein geladenes Auto brauche, kann sie bei schwacher PV-Anlagenleistung auch noch ein paar Stunden warten, bevor sie mit der vollen Ladeleistung beginnt.
Der Ladende hat einen Preisvorteil, weil er weniger Strom von der Straße beziehen kann. Und es spart nicht nur Geld, sondern auch viel CO2. Unsere Berechnungen haben gezeigt, dass wir bei einer ordentlichen Ladung von mehreren Kilo CO2 sprechen im Vergleich zu ein paar Gramm, wenn ich an der Ladestation mein Vorgehen kommuniziere. Wieso also diese Information nicht nutzbar machen, um ein aktives Lademanagement zu gestalten?
Wie könnte das aktive Lademanagement von E-Autos in der Praxis funktionieren?
Die Programmiertechnik existiert schon und ist von Kund:innen auch bereits umsetzbar. Sie muss nur noch in Apps integriert werden, mit denen die Kund:innen das Energiemanagement steuern. Bis das passiert, wird noch etwas Zeit vergehen.
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