Photovoltaik und Denkmalschutz schließen Frieden

Denkmalschutz und Photovoltaik miteinander vereint: Das alte Amtsgericht in der baden-württembergischen Kreisstadt Künzelsau (Foto: Autarq)

Bislang waren Solaranlagen auf historischen Gebäuden meist verboten. Doch seit 2023 fordern neue Denkmalschutz-Leitlinien, dass der Klimaschutz höher gewichtet werden soll als der originalgetreue Erhalt des Baukörpers. Monochrome PV-Module aber vor allem kleinformatige Solardachziegel sind dafür bestens geeignet, denn sie erhalten das Erscheinungsbild.

1. Welche Gebäude denkmalgeschützt sind und was das bedeutet

In Deutschland gibt es ca. eine Million denkmalgeschützte Gebäude, um die sich gut 
36.000 Denkmalpfleger kümmern. Nicht nur einzelne Häuser, auch ganze Ensembles können zum Baudenkmal erklärt werden, wenn sie kraft ihrer historischen, künstlerischen, wissenschaftlichen oder städtebaulichen Bedeutung von öffentlichem Interesse sind. Solche Entscheidungen trifft das zuständige Denkmalamt. In der Regel sind Gebäude mindestens 50 Jahre alt, wenn sie unter Schutz gestellt werden. Aber es gibt auch Ausnahmen: z.B. hat das Hamburger Denkmalamt das kaum 30 Jahre alte Gruner+Jahr-Verlagshaus vorsorglich unter Denkmalschutz gestellt um sicherzustellen, dass nach dem geplanten Verkauf seine ortsprägende Stahl-Glas-Architektur erhalten bleibt. Und mittlerweile gibt es nicht wenige Sechziger-Jahre-Häuser oder 70er-Jahre-Siedlungen von herausragender architektonischer Bedeutung, die nicht verändert werden dürfen. „Ensembleschutz“ nennt sich das und reglementiert mitunter auch die umgrenzende Bebauung (siehe 7.).

2. Wer zuständig ist und wo man Auskunft erhält

Zuständig für alle Belange ist jeweils die Untere Denkmalschutzbehörde, meist  eine Abteilung der Baubehörde oder des Landratsamtes. Die Liste aller denkmalgeschützter Objekte seines Ortes bzw. Landkreises, das sog. Denkmalverzeichnis, findet man direkt im Internet (Suchbegriff: Liste der Baudenkmale in...).

Wessen Haus unter Denkmalschutz steht, braucht bei jedem baulichen Vorhaben zwingend eine Genehmigung des Denkmalamtes. Auf den jeweiligen Webseiten der Behörde erfährt man, welche Unterlagen eingereicht werden müssen und findet diverse Formulare zum Herunterladen. Obwohl sich seit 2023 die Auflagen entscheidend gelockert haben (siehe 5.), besteht für Solaranlagen nach wie vor strikte Genehmigungspflicht. Ebenso bei Nutzungsänderungen. Sogar wer in unmittelbarer Nähe eines Baudenkmals bauen oder renovieren möchte, braucht die Genehmigung des Denkmalamtes. 

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Das neue Hamburger Denkmalschutz-Gesetz machte es möglich: Im März 2023 erhielt das historische Altonaer Museum (1863) dachintegrierte Solarmodule (Foto: Sprinkenhof GmbH)

3. Der konkrete Denkmalschutz ist Ländersache

Jedes Bundesland wacht selbst über seine Denkmäler, und so gibt es exakt 16 Landesdenkmalschutzgesetze. Die Begriffe Kulturdenkmal, Denkmal, Denkmalpflege und -schutz definieren die Landesgesetze zwar unterschiedlich, aber alle machen das „öffentliche Interesse“ am Objekt zum entscheidenden Kriterium. Mal werden „konkrete Gründe“ dafür aufgelistet, mal eine „besondere Bedeutung“ zur Grundlage gemacht, in manchen Bundesländern auch beides. In Nordrhein-Westfalen bspw. spielen historische Industriegebäude und Arbeitersiedlungen eine bedeutende Rolle, während in Hamburg die Bewahrung des historischen Stadtbildes im Vordergrund steht.

Unabhängig vom Landesrecht ist ein Denkmalbesitzer zum Erhalt seines Denkmals verpflichtet, im Gegensatz zu sonstigen Hausbesitzern. Die Sonderbelastung des Denkmaleigentümers beruht auf Art. 14 Abs. 2 Satz 2 des Grundgesetzes, der Sozialbindung des Eigentums. Das kann eine erhebliche finanzielle Belastung bedeuten und Eigentümer in ihrem Eigentumsrecht beschränken, ist aber nur im Rahmen des Zumutbaren erlaubt. Was im Einzelfall zumutbar ist, ist immer auch Verhandlungssache,  Eigentümer und Denkmalamt sollten unbedingt in engem Dialog stehen.

4. Solarenergie macht Denkmäler wirtschaftlicher

Vor allem beim Unterhalt, vornehmlich den Nebenkosten, kollidiert der Denkmalschutz mit den Interessen der Bewohner: Ihre Häuser sind teurer als andere zu bewohnen, z. B. weil sie von außen nicht gedämmt werden dürfen, weil die historischen Fenster erhalten bleiben müssen, und auch in Innenräumen sind Flächenheizungen in Boden oder Wand in der Regel nicht realisierbar. Es gibt also ein gesteigertes Interesse von Denkmal-Bewohnern, die Wirtschaftlichkeit Ihres Hauses zu verbessern, am besten natürlich mit erneuerbarer Energie.

Allerdings sind Denkmäler vom neuen Gebäudeenergiegesetz (GEG) befreit, Nachrüst- oder Austauschpflichten bestehen nicht. Und für genehmigte Maßnahmen kann man Fördergelder bzw. Steuervorteile bekommen (siehe Anhang 1). Und das Beste: In Zukunft gilt das auch für Solaranlagen, denn laut neuer Gesetzgebung sind Genehmigungen dafür „regelmäßig zu erteilen“. Jetzt können Bauherren ihre nachhaltig-geschützten Häuser auch nachhaltig bewirtschaften. Und es trifft endlich zu, was Baden-Württembergs Wohnministerin Nicole Razavi anlässlich der Gesetzes-Novellierung im Sommer 2022 sagte: „Denkmalschutz und Klimaschutz schließen sich nicht aus“.

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Verbindung von Tradition, Moderne, Nachhaltigkeit und Ästhetik: Das 1765 errichtete, denkmalgeschützte Glaserhaus in Affoltern im Emmental ist flächendeckend mit maßgefertigten Photovoltaikmodulen gedeckt (Foto: 3s-Solar.Swiss)

5. Die Energiewende hat nun Vorrang vor dem Denkmalschutz

Bislang galten Photovoltaik und Denkmalschutz als schwer bis gar nicht zu vereinen. Dass Kritiker den Denkmalschutz jedoch als Behinderer der Energiewende sehen, war und ist übertrieben, denn betroffen sind gerade mal drei Prozent aller Gebäude. Und weil sich überhaupt nur 30 Prozent jeder Dachfläche für eine Solargewinnung eignet, schmilzt das tatsächliche PV-Potential von Denkmälern auf ein Prozent zusammen.

Tatsächlich waren Solaranlagen auf Denkmälern nie generell verboten – es gab sie vereinzelt, sensibel platziert auf Flachdächern, Nebengebäuden oder rückwärtigen Dächern; sie durften nur nicht prominent zu sehen sein. Und mal ehrlich: Die frühen, weit verbreiteten silbrig-blauen Aufdachmodule hat doch noch nie jemand auf Kirchendächern oder Bauernkaten vermisst.

Dadurch dass Photovoltaik-Module mittlerweile auch Dachziegeln oder passgenaue Dachanzüge sein können, dürfte ihr Schattendasein im Denkmalschutz beendet sein – und letztlich auch die Skepsis so manches Denkmalschützers.

6. Ab sofort ist Photovoltaik grundsätzlich erlaubt und erwünscht

Fiel das paritätische Tauziehen zwischen Klima- und Denkmalschutz meist zulasten erneuerbarer Energien aus, so kehrt die neue Gesetzgebung die Priorität nun um: Ab sofort sind Solaranlagen im Denkmal willkommen.

Anfang 2023 trat die Novellierung des EEG-Gesetzes in Kraft, namentlich §2 Satz 2 wurde geändert: „Die Errichtung und der Betrieb von Anlagen und den dazugehörigen Nebenanlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energie ist im überragenden öffentlichen Interesse und dient der öffentlichen Sicherheit. Durch die (…) Entscheidung des Gesetzgebers müssen Behörden verbindlich in die Abwägung einsteigen und (…) den erneuerbaren Energien einen besonders hohes Gewicht einräumen. Die erneuerbaren Energien müssen daher (…) bis zum Erreichen der Treibhausgasneutralität als vorrangiger Belang (…) eingebracht werden“, erläutert die Hamburger Denkmalbehörde.

Natürlich wird jeder Fall geprüft, die Genehmigungspflicht bleibt, kein Antrag wird einfach durchgewunken. Baden-Württemberg schreibt z.B. vor, dass sich „Solaranlagen der eingedeckten Dachfläche unterordnen und möglichst flächenhaft sowie farblich abgestimmt“ sein müssen, nur bei „erheblichen Beeinträchtigiungen“ seien sie zu verbieten. Niedersachsen genehmigt dann, wenn die Solaranlage „reversibel“ ist (was meist der Fall sein dürfte). Nordrhein-Westfalen erlaubt Solaranlagen, wenn sie entweder vom öffentlichen Raum aus nicht einsehbar sind oder das  Erscheinungsbild nur geringfügig beeinflussen.

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Energieeffiziente Sanierung des alten Amtsgerichts in Künzelsau mit roten Solardachziegeln (Foto: Autarq)

Hamburg hat bereits einen Praxis-Leitfaden: Die Hansestadt mit ihren 12.300 Denkmälern unterscheidet zwischen „Regel-“ und „komplexen Fällen“. Das PDF „Praxishilfen erneuerbare Energien“ demonstriert anschaulich, welche Dächer im „Regelfall“ ohne weitere Auflagen, also schnell und unbürokratisch (binnen vier Wochen soll genehmigt werden) mit Solarelementen belegt werden können.

„Komplex“ ist ein Fall, wenn das Dach von Weitem sichtbar ist, das Gebäude  in einem denkmalgeschützten Garten liegt, besonders aufwendig oder hochwertig gestaltet ist und über Dachlandschaften verfügt. Mit herkömmlichen, großflächigen Modulen – selbst wenn sie monochrom sind und flächig verbaut werden – wird man hier kein befriedigendes Ergebnis erzielen.  Eine ästhetische und effektive Lösung auf komplizierten Dächern erlauben einzig kleinteilige Solardachziegeln wie z.B. von Autarq.

7. Wie man ein Solardach auf einem Denkmal genehmigen lässt

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    Kläre zunächst, ob dein Dach überhaupt geeignet ist. Es sollte nach Süden oder Südwest ausgerichtet sein und keine steile Neigung haben. Aufschluss liefert evtl. auch ein örtlicher Solaratlas.

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    Der Jahres-Ertrag sollte mindestens 5 kWp Strom bringen, das entspricht ca. 40 qm Dachfläche. 

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    Ermittle, wie „möglich“ oder „kritisch“ dein Vorhaben auf folgender Checkliste der Hamburger Denkmalbehörde ist (EE = erneuerbare Energie):

Verteilung & Anordnung

Eher möglich

  • Belegung nur auf einem Teil der Dachfläche durch zusammenhängende, rechteckige EE-Anlage
  • EE-Anlage hat Abstand zu Dachrändern

Eher kritisch

  • Vereinzelte EE-Module, gestaffelte Anordnung
  • Gestaltungsdetails werden verdeckt, wie bspw. Dachränder

Farbe & Oberflächenstruktur

Eher möglich

  • EE-Anlage ist angepasst an die bestehende Farbe des Daches
  • EE-Anlage ist matt/dunkel/entsprechend der Dachdeckung
  • Rahmen und Unterkonstruktion nicht sichtbar oder farbig angepasst
  • bei denkmalgerechter Erneuerung der Dachdeckung: Einbau von an die Dachdeckung angepassten kleinteiligen Elementen (wie bspw. Solarziegel usw.)

Eher kritisch

  • EE-Anlage ist blau oder stark abweichend von der Farbe der Dachdeckung
  • auffällig gerasterte Module
  • hochglänzende EE-Anlage
  • silberne/glänzende Einfassung der EE-Anlage
  • sichtbare Unterkonstruktion
  • EE-Anlage vermittelt starken Eindruck eines Fremdkörpers an einer Fassade

Neigungswinkel & Aufbau

Eher möglich

  • Anlage folgt der vorhandenen Dachneigung
  • Anlage liegt flach auf der Dachdeckung auf oder ist bündig in die Dachfläche integriert (bei Erneuerung der Dachdeckung)

Eher kritisch

  • Anlage ist mit steilem Winkel aufgerichtet
  • Unterkonstruktion baut stark auf, großer Abstand zwischen Modulen und Dach
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    Nimm Kontakt (Telefon, Email) mit dem Denkmalamt auf, reiche erste Fotos oder Skizzen ein, stimme dich ab, vereinbare ggf. einen Vor-Ort-Termin. Eine offizielle Energieberatung ist dann Pflicht, wenn auch Dämmmaßnahmen vorgesehen sind und Du Fördergeld beantragen möchtest.

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    Letztlich muss dein Antrag in acht Kategorien Pläne und Unterlagen enthalten.

Folgende Unterlagen sind erforderlich, damit das Denkmalamt den Antrag auf Genehmigung einer Solaranlage bearbeiten kann: 

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(Quelle: Praxishilfen erneuerbare Energien, hamburg.de)

8. Wie Christian Retkowski in Göttingen sein Solardach realisiert hat

Beinahe drei Jahre hat es gedauert, bis die Stadt Göttingen Christian Retkowski erlaubt hat, das Dach seines Elternhauses mit einer Solaranlage zu bedecken. Das Haus im Göttinger Ostviertel unterliegt dem Ensembleschutz „Schildweg“, Photovoltaik auf einem Dach würde das Stadtbild negativ beeinflussen, beschied das Bauamt 2020. Basta.

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Das fertige Dach von Christian Retkowskis Familienhaus im Göttinger Ostviertel - mit Solardachziegeln von Jacobi-Walther & Autarq (Foto: Melanie Kahle, Stolberg Bedachungen)

Erst als die örtliche Presse das Thema aufgriff und sich daraufhin ein Dachdeckerbetrieb mit der Idee ins Spiel brachte, rote Solardachziegel von Autarq und Jacobi-Walther zu verwenden, kam Bewegung in die Front. 

Heute sind alle Beteiligten stolz auf das Ergebnis. Bauherr Christian Retkowski ist der Stadt im Nachhinein sogar dankbar, dass sie ihn zu einer ästhetisch harmonischen Lösung nötigte. Außerdem hat er sogar Zuschüsse bekommen,  denn sein neues Dach war auch Teil der Gebäudedämmung, und dafür gab es 20 Prozent Förderung von der Bafa (Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle) und einen Zuschuss des Klimafonds der Stadt Göttingen. Für eine Aufdach-Anlage hätte es keinen Cent gegeben.

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Christian Retkowskis (2.v.l.) neues Solardach durfte das Göttinger Stadtbild nicht negativ beeinflussen. Die roten Solardachziegeln von Autarq und Jacobi-Walther überzeugten letztlich auch das Bauamt (Foto: Göttinger Tageblatt)

Retkowskis Engagement hat auch im Bauamt zu einem Umdenken geführt: „Jetzt versuchen wir immer, eine Lösung zu finden – es geht eben doch beides zusammen“, sagt Dinah Epperlein vom Fachdienst Nachhaltige Stadtentwicklung.  

Das erbitterte Ringen zwischen Tradition und Fortschritt, Klimaschutz und Denkmalpflege dürfte sowohl mit dem novellierten Energie-Einspar-Gesetz (EEG) als auch mit kleinteiligen und maßgeschneiderten Solardach-Lösungen endlich ein Ende finden. 

Plus: Steuervorteile und Zuschüsse für denkmalgeschützte Häuser

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    Bei vermieteten Baudenkmalen: Von den Herstellungskosten für Baumaßnahmen, die nach Art und Umfang zur Erhaltung des Gebäudes als Baudenkmal oder zu seiner sinnvollen Nutzung erforderlich sind, können im Jahr der Herstellung und in den folgenden 7 Jahren jährlich bis zu 9 % – danach 4 Jahre lang jährlich bis zu 7 % abgeschrieben werden (§7 i EStG). 

    Der Altbauanteil wird bei Gebäuden, die vor dem 1. Januar 1925 fertiggestellt wurden, mit 2,5 % abgeschrieben.

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    Bei selbstgenutzten Baudenkmalen: Der Sonderausgabenabzug für Baumaßnahmen an selbst genutzten Baudenkmalen und Gebäuden in Sanierungsgebieten beträgt jährlich bis zu 9 % über 10 Jahre (§10f EStG).

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    Unter bestimmten Voraussetzungen kann für Denkmale die Grundsteuer erlassen werden (§32 GrStG) Darüber hinaus ist eine Senkung des Einheitswertes möglich, der die Höhe der Grundsteuer bestimmt. Pauschal werden von den Finanzbehörden 5 % anerkannt.

(Quelle: Wikipedia/Denkmalschutz)

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